Gründächer als Baustein der Stadtentwicklung: Regenwassermanagement auf dem Dach
Mittwoch, 11.06.2025
Retentionsgründächer entlasten die Kanalisation und bieten zusätzliche ökologische Vorteile

Begrünte Dächer können mehr als nur gut aussehen: In Zeiten zunehmender Starkregenereignisse tragen sie aktiv zum Schutz vor Überflutung bei. Ein spezieller Aufbau – das Retentionsgründach – ermöglicht es, Niederschlagswasser zurückzuhalten und zeitverzögert abzuführen. Das schafft Spielraum in der Stadtplanung und reduziert technische Anforderungen an die Kanalinfrastruktur.
Die Entwicklung wassersensibler Städte zählt zu den zentralen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie urbaner Raum auf zunehmende Extremwetterereignisse vorbereitet werden kann. Einen wichtigen Beitrag leisten laut dem Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) begrünte Dachflächen – insbesondere in Form sogenannter Retentionsgründächer.
Diese speziellen Dachkonstruktionen kombinieren Vegetationsschichten mit temporären oder dauerhaften Wasserspeichern. Bei Starkregen wird das Niederschlagswasser nicht sofort in die Kanalisation geleitet, sondern zunächst auf dem Dach zurückgehalten. Über ein Drosselelement erfolgt die Ableitung anschließend kontrolliert und verzögert – über mehrere Stunden oder sogar Tage. Der Vorteil: Die Belastung des Kanalsystems wird deutlich reduziert, was wiederum die Dimensionierung von Leitungen und Rückhaltebecken erleichtert und potenzielle Überflutungsschäden mindern kann.
Der Aufbau solcher Dächer besteht typischerweise aus einer Dränschicht mit Speicherfunktion, darüber eine extensive oder intensive Begrünung. Das gespeicherte Wasser dient dabei auch der Versorgung der Pflanzen. Je nach verwendeter Dränplatte steht es diesen länger zur Verfügung oder wird langsam abgeführt.
Gründächer mit Retentionsfunktion bieten laut BuGG aber nicht nur technischen Mehrwert. Sie verbessern die Luftqualität, tragen durch Verdunstung und Verschattung zur Kühlung bei, mindern Lärm und steigern insgesamt die Aufenthaltsqualität. Je nach Art und Pflegeaufwand wird zwischen extensiven und intensiven Begrünungen unterschieden.
Extensive Dachbegrünungen sind pflegearm und setzen auf robuste Pflanzenarten wie Moose, Sukkulenten oder Kräuter. Sie benötigen wenig Substrat und sind durch ihr geringes Gewicht gut für viele Dächer geeignet. Je nach Aufbau können sie zwischen 25 und 40 l Wasser pro m² speichern. Der Wasserrückhalt beträgt etwa 50 bis 60 %, der Abflussbeiwert – also der Anteil des direkt abgeleiteten Wassers – liegt bei 0,3 bis 0,5.
Intensive Begrünungen ähneln dagegen Dachgärten und ermöglichen eine große Vielfalt an Pflanzen. Sie benötigen allerdings mehr Pflege sowie größere Schichtdicken und Gewichtskapazitäten. Dafür liegt ihre Wasserspeicherleistung bei rund 160 l pro m². Der Wasserrückhalt kann bis zu 70 % betragen, bei einem Abflussbeiwert von etwa 0,2.
Gründächer mit Retentionsfunktion stellen somit ein wirksames Element einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung dar – und gewinnen angesichts des Klimawandels zunehmend an Bedeutung in der Stadt- und Gebäudeplanung.